Kindeswohlgefährdung nachweisen
Eltern, deren Kinder im Heim, in einer Pflegefamilie oder beim anderen Elternteil leben und begründet eine Gefährdung des Kindeswohls vermuten, suchen nach einem Weg, wie sie eine Kindeswohlgefährdung nachweisen können. Das ist meist nicht einfach. Entweder gibt es keine Möglichkeiten, Beweise zu sammeln, weil man nicht weiß, wo das Kind untergebracht wurde oder die angenommene Kindeswohlmisshandlung hinter verschlossenen Türen stattfindet. Oder geeignete Methoden bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone. Dies könnte dazu führen, dass im Gerichtsverfahren dem angerufenen Gericht vorgelegte Beweise vom Richter nicht anerkannt werden.
Verdacht: Kind wird misshandelt – was tun?
Im Falle einer Misshandlung des Kindes ist es in der Regel erforderlich, das Jugendamt und das Familiengericht einzuschalten, damit die Behörden eingreifen und das Wohl des Kindes sicherstellen können. Eine bloße Behauptung, dass ein Kind in Gefahr ist, genügt oftmals nicht, um die Gefährdungslage abzustellen. Dies gilt im Besonderen, wenn das Kind im Heim misshandelt wird oder sich in der Obhut einer Pflegefamilie befindet.
Wer die Behauptung erhebt, dass eine Gefahr des Kindeswohls vorliegt, sollte in jedem Fall zuerst entsprechende Beweise dafür sammeln, damit man sich selbst nicht wegen falscher Tatsachenbehauptung strafbar macht. Ein eigenmächtiges Handeln, etwa das misshandelte Kind auf eigene Faust aus der Heimunterbringung oder der Obhut von Pflegefamilie oder anderem Elternteil herausnehmen und verstecken, ist keine gute Idee, da man sich auch durch solches Handeln strafbar macht. Das Berufen auf rechtfertigenden Notstand wird zwar häufig als Rechtfertigung genutzt, aber führt selten dazu, dass dem Kind geholfen wird und man als Akteur straffrei bleibt.
Kindeswohlgefährdung nachweisen: Muss Gericht illegal beschafftes Beweismittel anerkennen?
Heimlich angefertigte Sprachaufnahmen, Videos oder Bilder können durchaus eine Kindesmisshandlung oder eine Kindeswohlgefährdung nachweisen. Aber der Gesetzgeber hat im Strafgesetzbuch z. B. mit §201 Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes ein Gesetz erlassen, das heimliche Aufnahmen verbietet. Ein Verstoß dagegen kann eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bzw. eine Geldstrafe nach sich ziehen.
Es ist nicht zwingend so, dass illegal beschafftes Beweismittel vom Gericht nicht anerkannt werden dürfen. Dem vorsitzenden Richter ergibt sich ein gewisser Ermessenspielraum.
In diesem Presseartikel vom 14. August 2009 ist nachzulesen, dass die Beweisverwertung illegal beschaffter Beweise stets im Einzelfall zu prüfen ist. Das Aktenzeichen zum Urteil vom BGH AZ: 3 StR 552/08.
Hier handelt es sich jedoch um eine rechtswidrig durchgeführte Wohnungsdurchsuchung, bei der belastendes Beweismaterial gefunden wurde. Ob der Bundesgerichtshof die gleiche Entscheidung getroffen hätte, wenn es um die illegale Beweismittelerhebung durch eine Privatperson gegangen wäre, ist fraglich.
Bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung gerichtsmittelfähige Beweise sammeln
Will man als Vater, Mutter oder Elternpaar eine Kindeswohlgefährdung nachweisen, sollte deshalb stets konsequent auf diese drei Punkte geachtet werden:
- für glaubwürdige Zeugen sorgen
- legal und somit gerichtsfähige Beweise schaffen
- sich nicht selbst angreifbar machen (z. B. durch illegale Beweismittelbeschaffung)
Bereits das unerlaubte Betreten eines Privatgrundstücks zum Ermitteln und Aufnehmen von Fotos und Videos stellt in der Regel eine Straftat dar, sodass auf diesem Wege erhobene Beweismittel nicht gerichtsfähig sind.
“Unsere Detektei am Einsatzort Stuttgart* schließt jeden Fall mit einem aussagekräftigen Bericht und der Übersendung von Foto-/Video-Beweisdokumentationen ab. Alle Rechercheergebnisse und Ermittlungen unserer 6 Niederlassungen werden legal zusammengetragen und sind damit gerichtsfähig.”
Quelle Zitat: LB Detektei Stuttgart
Wer auf der sicheren Seite stehen will, sollte sich professionelle Hilfe holen, um eine Kindeswohlgefährdung nachweisen zu können. In den seltensten Fällen ist die Polizei der richtige Ansprechpartner. Denn diese nehmen häufig keine Anzeigen entgegen, wenn sich das betreffende Kind in der Obhut des Jugendamtes, in der Fremdunterbringung im Kinderheim oder einer Pflegefamilie befindet. Schließlich obliegt ja gerade der Schutzauftrag bei eben jenen Institutionen der Jugendhilfe, wenn ein Kind in Obhut genommen wurde.
Obwohl Kinderheime und Pflegefamilien die letzten Institutionen sein sollten, an denen Kindesmisshandlung, Missbrauch und weitere Gefahren des Kindeswohls zu vermuten sind, zeigt die Realität immer wieder das Gegenteil, wie unter anderem der taz-artikel “Misshandlungen im Kinderheim” unter Beweis stellt.
Tipp: Grundsätzlich sollten sämtliche Beweismittel sorgfältig archiviert und mehrfach als Backup extern hinterlegt werden, damit im Falle von Computerproblemen oder bei einer Hausdurchsuchung die Dokumente nicht abhandenkommen. Dies kann beispielsweise in einer Detektei, bei einem Notar oder bei Privatpersonen erfolgen. Im Übrigen kann ein eingeschalteter Privatdetektiv als Zeuge benannt werden.
Qualität der Beweismittel: Beweise müssen handfest sein
Unbedingt sollten Missstände wie Misshandlung, Missbrauch und Verwahrung möglichst lückenlos dokumentiert werden, wie etwa in meiner Fotostrecke „Stationen„, die nur einen kleinen Auszug der von mir erhobenen Beweismittel darstellt. Darüber hinaus ist muss die Qualität der Beweismittel geeignet sein. Kurze Videosequenzen und Fotografien eignen sich nicht immer, um hieb- und stichfest eine Kindeswohlgefährdung nachweisen zu können.
So lassen sich beispielsweise Videos und Fotografien mit dem häufig angewandten Argument entkräften, es handele sich um eine Momentaufnahme. Etwa, weil die Videosequenz nur eine kurze Szene einer Misshandlung zeigt oder aus dem Foto nicht hervorgeht, ob es sich tatsächlich um einen Misshandlungsvorfall oder um eine spielerische Situation handelt. Auch unscharfe Fotoaufnahmen oder verwackelte Videoaufnahmen sind keine geeigneten Beweismittel.
Anders verhält es sich jedoch, wenn professionelle Aufnahmen der Polizei, der Staatsanwaltschaft sowie dem Gericht vorgelegt und gleichzeitig neutrale Zeugen benannt werden können.
Insofern Sie als Elternteil Zugang zum Kind bspw. in Form von Umgangskontakten haben, sorgen Sie dafür, dass das Kind medizinisch untersucht wird und Misshandlungsspuren oder Anzeichen von Verwahrlosung durch einen Arzt diagnostiziert und per Attest bestätigt werden. In einem viele Jahre zurückliegenden Fall wurde dies durch das Einschalten einer anerkannten Gerichtsmedizinerin gemacht, die eindeutige Marker für körperliche Misshandlung gerichtsfähig attestierte.
Kindeswohl gefährdet – wie geht man nach der Beweisaufnahme richtig vor?
Vom Kinderklau betroffene Eltern wissen, dass deutsche Jugendämter keine Beweise brauchen, um ein Kind in Obhut zu nehmen und von seinen Familien zu trennen. Beobachtet man jedoch als Privatperson eine Gefährdung des Kindeswohls, die in Kinderheim, in der Pflegefamilie oder beim getrennt lebenden Elternteil stattfindet, ist es faktisch kaum möglich, dem betroffenen Kind zu helfen. Insbesondere dann nicht, wenn sich das Kind bereits in staatlicher Obhut befindet oder sich das Jugendamt im Falle eines Sorgerechtsstreits auf die Seite des misshandelnden Elternteils geschlagen hat.
Das weitere Vorgehen hängt davon ab, wo die Gefährdung des Kindeswohls stattfindet. In jedem Fall ist es ratsam, einen engagierten und erfahrenen Anwalt bzw. eine Rechtsanwaltskanzlei ins Boot zu holen.
Kindeswohlgefährdung nachweisen mit anwaltschaftlicher Unterstützung
Hier stellt sich stets die Frage, auf welches Fachgebiet der Anwalt sich spezialisiert haben sollte. Vieles spricht dafür, einen Fachanwalt für Familienrecht zu mandatieren, da dieser im Umgang mit Jugendamt und Familiengericht Erfahrung hat. Allerdings wird bei Kindeswohlgefährdungen z. B. durch körperliche Misshandlung oder Missbrauch des Kindes vor allem das Strafrecht tangiert. Insofern kann darüber nachgedacht werden, einen Rechtsanwalt oder eine Anwaltsozietät zu beauftragen, die sowohl Familienrecht, als auch Strafrecht abdeckt.
Will man als selbst betroffener Elternteil beim eigenen Kind eine Kindeswohlgefährdung nachweisen, ist es nicht zu empfehlen, den ohnehin schon beauftragten Familienrechtler auch für dieses Verfahren heranzuziehen. Die Beauftragung eines zweiten Anwalts ist immer sinnvoll. Als Inhaber der elterlichen Sorge sollte unbedingt das Hinzuziehen eines Anwalts für das Kind in Betracht gezogen werden. Kinder haben das Recht auf einen eigenen Anwalt.
Landesjugendamt und Heimaufsicht einschalten
Findet die Kindeswohlgefährdung unter Aufsicht des Jugendamtes in der Pflegefamilie oder im Kinderheim statt, kann im ersten Schritt das fallverantwortliche Jugendheim informiert werden. Erfolgt dort keine sofortige und adäquate Überprüfung, sind das Landesjugendamt und gegebenenfalls die Heimaufsicht einzuschalten. Die Aufgaben der Landesjugendämter ergeben sich aus dem SGB VIII.
Gemäß § 85 Abs. 2 SGB VIII ist eine Hauptaufgabe der Landesjugendämter:
“Die Wahrnehmung der Aufgaben zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen (§§ 45 bis 48 a SGB VIII)”
Erfahrungsgemäß regieren die Landesjugendämter aber verhalten, wenn man sich dort über das regional zuständige Jugendamt beschwert. Hinzu kommt sowohl bei der Heimaufsicht wie auch beim Landesjugendamt das Problem der strukturell bedingten Trägheit. Ein schnelles Eingreifen und somit schnelles Abschalten der Kindeswohlgefährdung ist nicht zu erwarten.
Kindeswohlgefährdung nachweisen und beenden: Einschalten der Medien
Der schnellste und effektivste Weg kann das Einschalten der Medien sein. Aber dies gelingt allenfalls dann, wenn sich zweifelsfrei die Kindeswohlgefährung nachweisen lässt. Die mediale Berichterstattung kann den öffentlichen Druck auf die verantwortlichen Behörden derart erhöhen, dass mit Hinblick auf das Kindeswohl gehandelt werden muss.
Insgesamt ist zu konstatieren, dass Presse, Radiosender und TV mit Presseanfragen überrannt werden und daher sich nicht jedem Fall annehmen können und manchmal auch nicht annehmen wollen.
Sind Sie als Mutter, Vater oder Paar betroffen, suchen Sie vor allem den Kontakt zu lokalen Medien. Idealerweise halten Sie nach einem Journalisten oder einer Lokalredaktion Ausschau, die bereits in der Vergangenheit kritisch berichtet und ähnliche Fälle aufgedeckt hat. Wichtig ist, im Erstkontakt mit Journalisten den Fall vernünftig dazustellen, die erhobenen Beweismittel gut sortiert zu übermitteln und sorgfältig mit dem Pressekontakt umzugehen. Anschreiben voller Rechtschreibfehler, ellenlange Schreiben, die ohne Absätze nur schwer lesbar sind oder wilde Spekulationen ohne hieb- und stichfeste Beweise landen oftmals ungelesen im Papierkorb. Damit ist keinem Kind geholfen.
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